Nissan Leaf Part II

Viele sehen in der Elektrifizierung der Fahrzeuge die Lösung. Doch nur Strom aus erneuerbaren Energien würde letztlich auch ökologische Vorteile mit sich bringen, womit wir auch schon bei einigen der entscheidenden Schwachstellen wären: der Beschaffung von Strom, der fehlenden Infrastruktur und den nötigen Ladezeiten. Zudem lässt unsere Bundesregierung jegliches Entgegenkommen und die nötige Förderung vermissen. Nissan erledigte in Sachen Elektromobilität dagegen bereits im Jahr 2010 einen tollen Job, war der Nissan Leaf absoluter Wegbereiter in der Elektromobilität. Und während andere Hersteller erst langsam nachziehen, legt Nissan mit der zweiten Generation die Messlatte bereits ein weiteres Stück höher.

Mehr Leistung, mehr Energiedichte, mehr Reichweite treffen auf ein völlig neues Design, moderne Assistenzsysteme und unser absolutes Highlight, das e-Pedal. Lässt sich der Nissan Leaf so ganz bequem mit nur einem Pedal fahren. Was sich dahinter verbirgt, erfahren Sie in unserem ersten Praxistest.

Karosserie/Design

Die erste Generation Leaf sah wirklich sehr eigenwillig aus, doch jetzt ist das Elektroauto ein sehr ansprechender und futuristischer, aber keineswegs überzeichneter Hingucker geworden.

Wie auch schon zuvor kennzeichnen das blau schimmernde Markenlogo, das Blau im Grill und im hinterem Stoßfänger den emissionsfreien Antrieb. Die Aerodynamik hat bei einem Stromer einen viel höheren Stellenwert als es bei einem Benziner oder Diesel der Fall ist. So kommt es beim Nissan Leaf auf jede kleine Feinheit an. Allein mit dem hinteren Spoiler bringen es die Verantwortlichen auf eine zusätzliche Reichweite von 2,5 Kilometern.

Innenraum/Kofferraum

Einiges getan, hat sich auch beim Cockpit. So können wir im Innenraum eigentlich nur positive Veränderungen wahrnehmen, dennoch kommt der Leaf auch künftig nicht ohne Schwachstellen aus. So ist den verarbeiteten Materialien teils deutlich anzusehen, hier wurde mit Blick auf den Preis der Rotstift angesetzt.

Gerade der Joystick lässt eine gewisse Wertigkeit vermissen und die Schalter für die Sitzheizung zeigen sich nicht nur für ein Elektrofahrzeug recht antiquiert. Das neue und unten abgeflachte Multifunktionslenkrad kann dafür voll und ganz punkten.

Das Fahrerinformationsdisplay setzt in der zweiten Generation auf eine Kombination aus einer analogen Tachoanzeige und einem links daneben platzierten Multiinformationsdisplay. Dieser Bildschirm kann ganz nach Belieben konfiguriert und die relevanten Informationen angezeigt werden. Von der Batteriekapazität angefangen über die Rekuperationsleistung, Reichweite, Fahrmodi und aktivierten Fahrerassistenz-Systeme bis hin zu Audio, Navigation oder Temperatur.

Der Schwenk rüber zur Mittelkonsole lässt uns zum zentralen 7-Zoll-Touchscreen kommen, mittels Fingerwisch können hier das Audio- und Navigationssystem bedient oder aber auch das Smartphone mit dem Fahrzeug vernetzt werden. Apple CarPlay und Android Auto machen es möglich und leicht. Über das Smartphone kann auch aus der Ferne den Batteriestatus überprüft oder die Klimaanlage vor Fahrtbeginn aktiviert werden.

Das Navigationssystem weist den Weg und unterstützt darüber hinaus auch bei der Suche nach Ladestationen in der Nähe und informiert über entsprechende Öffnungszeiten.

Eine AUX- und USB-Schnittstelle zählt ebenso zum Paket wie das Digital Radio (DAB), Bluetooth Audio Streaming, die Freisprechanlage oder die Sprachsteuerung, Eco-Rankings, Energieinformationen und eine Fahreranalyse.

Die Farbe Blau kennzeichnet nicht nur äußerlich die Elektrofahrzeuge bei Nissan, auch innen setzen blaue Elemente ihr Zeichen. Sei es beispielsweise der blau schimmernde Startknopf sowie Schaltknauf oder aber die blauen Ziernähte an den Türverkleidungen, dem Lenkrad sowie den Sitzen inklusive Armstützen.

Dem Topmodell vorbehalten sind die Sitze im Alcantara-Ledermix wahlweise in Schwarz oder Beige mit blauen oder hellblauen Nähten.

Wäre da nur nicht die Sitzposition, die einfach nicht passen will. Leider lässt sich das Lenkrad ausschließlich in der Höhe verstellen und der Sitz nicht weit genug nach unten. Der mangelnde Seitenhalt wird da schon fast zur Nebensache. So finden wir als Großgewachsener einfach nicht die optimale Sitzposition, sehr schade.

Auf der Rückbank Platz genommen, erfreuen sich auch Mitfahrer mit 1,80 Metern über genügend Bein- und auch Kopffreiheit. An Alltagstauglichkeit mangelt es diesem Stromer nun wirklich nicht.

In den Kofferraum passen sogar 65 Liter mehr als zuvor rein. Die 435 Liter lassen sich zudem durch die im Verhältnis 60:40 umklappbare Rückbank auf bis zu 1.176 Liter erweitern.

Aber zurück in Reihe eins, soll es ja endlich losgehen.

Komfort/Fahrwerk/Bremsen

Der neue Nissan Leaf muss sich etwas mehr Gewicht eingestehen, die zugleich verbesserte Fahrwerkstechnik macht dies aber locker wieder wett. Spürbar steifer und mit dem niedrigeren Schwerpunkt kann der neue Nissan-Stromer in Punkto Fahrwerk absolut überzeugen.

Der Fahrkomfort ist derart ausgewogen. Im Grunde legt zwar auch der sportliche Charaktertyp im Nissan Leaf einen entspannten Fahrstil an den Tag, was den dynamischen Kurvenritt aber keineswegs ausschließt. Liegt der Leaf sogar richtig satt auf der Straße und lässt sich dank angenehm ausgelegter Lenkung wunderbar handeln.

Und wenn wir beim neuen Nissan Leaf von Handling sprechen, kommen wir unweigerlich auf das so genannte „e-Pedal“ zu sprechen.

Natürlich war da Anfangs eine gewisse Skepsis. Wie fährt sich ein Auto mit nur einem Pedal, wie bewegt man sich ohne Bremse, wie lange wird wohl die Eingewöhnung dauern?

Der Nissan Leaf hat zwar ein Bremspedal, doch bei unserer ersten Ausfahrt über hundert Kilometer auf der Autobahn, der Landstraße und durch die City haben wir tatsächlich nicht einmal die Bremse betätigen müssen.

Um Sie zu beruhigen, auch im aktivierten e-Pedal-Modus steht das Bremspedal zur Verfügung und ist jederzeit einsatzbereit. Richtig, das e-Pedal muss zunächst bei jedem Motorstart per Knopfdruck aktiviert werden – mittels Einstellungen kann dieser Vorgang aber auch umgekehrt werden, ist es auch möglich, das e-Pedal dauerhaft zu aktivieren und mittels Tastendruck zu deaktivieren. Definitiv unsere Wahl, denn auf das e-Pedal möchten wir nicht mehr verzichten.

Auf den ersten Metern haben wir uns erst einmal herangetastet, doch im Nu haben wir ein Gefühl dafür bekommen, wie schnell der Nissan ohne Betätigen der Bremse zum Stehen kommt.

Natürlich ist da immer die Frage nach dem Fahrer und dessen Gasfuß. Wem es an dem nötigen Gespür fehlt, der wird das Bremspedal wohl (vorerst) weiterhin bemühen. Doch nötig ist das eigentlich nicht.

Gehen Sie leicht vom Gas, verzögert die Bremsenergierückgewinnung den Leaf bereits stark ab, doch lupfen Sie vollständig das Gaspedal, bremst der Leaf sogar bis zum Stillstand.

Das Bremspedal brauchen Sie eigentlich nur, falls eine plötzliche und starke Verzögerung notwendig ist. Diesen Situationen konnten wir durch eine bewusste und vorausschauende Fahrweise aber ebenfalls entgehen. Und wer jetzt denkt, wir wären schleichend unterwegs gewesen, der irrt wahrlich.

So konnten wir den Leaf mit lediglich einem Pedal starten, beschleunigen, abbremsen und anhalten. Steht das Fahrzeug, wird es automatisch gehalten, auch hier ist kein Tritt auf die Bremse nötig, selbst an Steigungen oder im Gefälle nicht. Los geht es, sobald wieder Gas gegeben wird.

Motor/Getriebe

Der Elektromotor bringt es dank eines neuen Inverters von 80 auf 110 kW, beziehungsweise eine Steigerung von 109 auf 150 PS. Das höhere Drehmoment beträgt ab sofort 320 Newtonmeter, entspricht einem Plus von 26 %. Ein noch rasanterer Antritt ist garantiert. Beschleunigt der japanische Stromer in knackigen 7,9 Sekunden von null auf 100 km/h, somit stolze dreieinhalb Sekunden schneller als in der ersten Generation. Der Leaf vermittelt so auch abseits des Stadtverkehrs ein sehr dynamisches Fahrgefühl – wenn man es denn nun wünscht. Unverändert wird der Leaf bei einer Geschwindigkeit von 144 Stundenkilometer abgeregelt.

Mitte nächsten Jahres wird sogar eine stärkere Variante mit mehr Reichweite folgen, genaue Angaben können hierzu allerdings noch nicht gemacht werden.

Ein Elektrofahrzeug muss sich ab 2019 mit einem akustischen Fahrzeug-Warnsystem für seine Umwelt bemerkbar machen, um Fußgänger und Radfahrer nicht aus dem Nichts zu überraschen. Der Nissan Leaf piept jetzt bereits beim Rückwärts fahren und lässt für Außenstehende bis Tempo 30 ein Geräusch entstehen.

Eine weitere und für viele vielleicht ausschlaggebende Veränderung betrifft die Batterie, die nun eine Energiekapazität von 40 statt 30 Kilowattstunden leistet.

Das erste Modell brachte es auf eine Reichweite von 122 Kilometer, zuletzt waren es 175, heute sind es stolze 378 Kilometer, laut bis dato gemessenem NEFZ-Messverfahren.

Seit September 2017 gilt das WLTP-Verfahren für alle neuen Modelle und Motorisierungen. Im Vergleich zum bisherigen NEFZ-Fahrzyklus ist WLTP deutlich realitätsnaher und orientiert sich stärker am tatsächlichen Straßenverkehr. Während es bei NEFZ für die Reichweite der Elektroautos bisher nur einen Wert gab, unterscheidet der WLTP-Zyklus zudem zwischen kombinierter – hier gibt WLTP einen Richtwert von 285 km an – und städtischer Reichweite. Kommt der neue Nissan Leaf mit aufgezogenen 16 Zöllern im Stadtzyklus sogar auf beachtliche 415 Kilometer. Wer auf 17 Zoll Rädern unterwegs ist büßt 15 bis 25 Kilometer ein.

Die durchschnittliche Fahrleistung der deutschen Fahrer liegt übrigens laut Studien bei 37 Kilometer.

Den Stromverbrauch gibt Nissan mit 20,6 kWh auf 100 km an und das bei 0 g/km CO2, was dem Nissan Leaf das Gütesiegel Energieeffizienzklasse A+ sichert. Auf die Batterie gibt Nissan stolze acht Jahre Garantie, oder auf eine Laufzeit von 180.000 Kilometer.

Doch da steht noch die Frage im Raum, wie lange benötigt man bei leerem Akku bis die Fahrt wieder fortgesetzt werden kann?

Ist die versteckte Klappe an der Motorhaube geöffnet, kann es auch schon losgehen, muss das Ladekabel einfach eingesteckt werden. Doch jetzt kommt es darauf an: An der herkömmlichen Haushaltssteckdose vergehen bis zu 17 Stunden. Wer über eine hauseigene Wallbox verfügt, spart sich schon die Hälfte der Zeit. An einer öffentlichen Schnelladestation haben Sie in lediglich 45 Minuten bis zu 80 Prozent der Energie getankt.

Nissan verfügt bereits seit 2013 über die Vehicle-to-Grid-Funktion (V2G), hierbei handelt es sich um bi-direktionales Laden. Somit ist der Leaf ein hervorragender Energiespeicher und kann überflüssige Energie abgeben.

Sicherheit

Der japanische Automobilhersteller fasst unter dem Begriff Nissan Intelligent Mobility die teilautomatisierten Fahrerassistenzsysteme ProPILOT und ProPILOT Park zusammen.

Sind Sie auf der Autobahn unterwegs, hält das aktivierte Programm ProPILOT automatisch den Abstand zu dem vorausfahrenden Fahrzeug, bremst wenn nötig sogar bis zum Stillstand ab, sorgt für Entspannung im Stop-and-Go-Verkehr und hält den Leaf mittig in der Fahrspur.

Allerdings sind die Hände am Lenkrad eine Voraussetzung, wer dieses länger als zwei bis drei Sekunden aus der Hand gibt, bekommt diverse Warntöne um die Ohren gehauen. Sollten Sie diese dennoch ignorieren, bremst die Technologie das Fahrzeug notfalls bis zum Stillstand herunter. Im Falle einer Bewusstlosigkeit etc. natürlich eine tolle Sache.

Doch die diversen Warnpiepser insgesamt sind zu viel des Guten.

ProPILOT Park wiederum kommt in der Stadt zum Einsatz, ist optional nur für die Topausstattung erhältlich und übernimmt bei gefundener Lücke das vollständige Parkmanöver. Denn die Technik übernimmt das Lenken, Bremsen und das Betätigen des Gaspedals und lotst Sie automatisch in die Parklücke.

In den zwei Topversionen ist der ProPILOT bereits serienmäßig, genauso wie der adaptive Geschwindigkeits- und Abstandsassistent und die Bewegungs- und Müdigkeitserkennung.

Wiederum in allen Leaf-Modellen finden Sie von Haus eine Berganfahrhilfe, den autonomen Notbrems-Assistenten mit Fußgängererkennung, den aktiven Spurhalte-Assistent mit korrigierendem Bremseingriff, den Fernlicht- und Totwinkel-Assistent, den Querverkehrs-Warner und die sehr praktische Verkehrszeichenerkennung vor.

Ausstattung/Kosten

Bei diesem Mehrwert, die der neue Nissan Leaf zweifelsohne bietet, bleibt der Japaner nahezu auf gleichem Preisniveau und präsentiert sich mit einem Einstiegspreis von 31.950 Euro sehr fair.
Die zweite Generation ist neben der Basisversion in drei weiteren Ausstattungen erhältlich, allesamt mit dem e-Pedal bestückt.

Der Standard-Leaf muss allerdings ohne Schnelllader und Wärmepumpe auskommen. Darüber hinaus ist erst die nächst höhere Variante Acenta ab 35.600 Euro mit einem CHAdeMO-Schnellladeanschluss sowie einem MODE-3-Kabel (Typ2/Typ2) für die verschiedenen Lademöglichkeiten gerüstet. Ein adaptiver Geschwindigkeits- und Abstands-Assistent ist darüber hinaus ebenso an Bord, wie das Multimediasystem NissanConnect EV.

Der Leaf N-Connecta legt ab 37.450 Euro noch einen Around View Monitor für 360° Rundumsicht mit Parksensoren rundum, 17″-Leichtmetallfelgen, ProPILOT, eine elektrische Parkbremse und verdunkelte Scheiben ab der B-Säule drauf.

Wie der N-Connecta gibt sich auch die Top-Version Tekna an einer glänzend schwarz lackierten B-Säule zu erkennen und ist ab 39.850 Euro mit LED-Scheinwerfern inklusive LED-Tagfahrlicht und automatischer Höhenregulierung, beheizbaren Außenspiegeln, Sitzheizung vorn und hinten sowie einem beheizbaren Lenkrad ausgestattet. Das Bose Premium Soundsystem inkl. 7 Bose Lautsprecher mit Subwoofer und die Alcantara Ledersitze finden Sie sogar nur in der höchsten Ausstattungslinie vor.

Die 8 Jahre Batterie-Garantie haben wir bereits erwähnt, nicht uninteressant für den Wiederkauf, diese geht an den nächsten Käufer über. Die Batterie kann allerdings nicht mehr gemietet werden, da dieses Angebot lediglich von fünf Prozent der Käufer genutzt wurde, hat sich Nissan dazu entschlossen, die Mietoption einzustellen.

Stand: Mai 2018; Test und Fotos: auto-reise-creative

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