Der GWM ORA 07 GT im Alltagstest

Die Marke ORA ist noch jung. Als Great Wall Motors im Jahr 2022 den Funky Cat – später umbenannt in GWM ORA 03 – nach Deutschland brachte, präsentierte sich die Marke als frischer Akteur im wachsenden Segment der Elektromobilität. Mit einem unkonventionellen Design, emotionaler Ansprache und dem Anspruch, Lifestyle und Technologie zu verbinden, setzte ORA früh eigene Akzente.

2024 folgte mit dem ORA 07 das zweite Modell der Marke. Die vollelektrische Limousine markiert den nächsten Schritt in Richtung Premiumpositionierung: größer, eleganter, erwachsener. Dass der Anspruch nicht nur äußerlich sichtbar ist, zeigt auch das Ergebnis aktueller Vergleichstests – das electricar Magazin zeichnete den GWM ORA 07 in Zusammenarbeit mit der Plattform DIE TESTER als Sieger im Preis-Verbrauch-Verhältnis der oberen Mittelklasse aus. Mit einem Einstiegspreis ab 41.990 Euro positioniert sich der 07 damit selbstbewusst im Wettbewerbsumfeld.

Karosserie/Design

Der ORA 07 ist auf unseren Straßen noch selten zu sehen und doch wirkt er, als gehöre er längst dazu. Vielleicht, weil seine Linienführung an große Namen erinnert: ein Hauch von Porsche, eine Spur Bentley. Ein Vorwurf? Ganz im Gegenteil. Dieses Design weiß, was es will und trifft mit seinem eleganten, zugleich eigenständigen Auftritt für mich mitten ins Schwarze.

Die markanten LED-Scheinwerfer in Rundoptik verleihen dem Gesicht des 07 einen fast schon ikonischen Ausdruck. Türgriffe, die bündig in die Karosserie eingelassen sind, rahmenlose Fenster und der fließende, nahezu skulpturale Linienverlauf erzeugen eine stimmige Mischung aus Dynamik und Anmut. Das serienmäßige Panorama-Glasdach zieht sich bis weit ins Heck und lässt den Innenraum in Licht baden. In den höheren Ausstattungen Pro und GT setzt der elektrisch ausfahrbare Heckspoiler ein selbstbewusstes Statement. Ist jedoch mehr als nur ein Eye-Catcher, vereint er Funktion und Emotion. Dazu gleich mehr.

Fließende Formen bestimmen das Gesamtbild, sportliche Details setzen Akzente. Die von mir im Test erfahrene GT-Version rollt auf 19-Zoll-Leichtmetallrädern und trägt rot lackierte Bremssättel als dezentem Hinweis auf ihre Dynamik. Drei Metallic-Lackierungen stehen zur Wahl – das serienmäßige Snow White sowie Steel Grey und das ausdrucksstarke DreamScape Purple, beide gegen einen Aufpreis von 790 Euro.

Innenraum/Kofferraum

Nähert man sich dem GWM ORA 07 mit dem Schlüssel lässig in der Hosentasche, begrüßt er einen mit einer kleinen Lichtshow. So, als würde er sagen: „Hey, ich hab dich gesehen, komm rein.“ Gleichzeitig fahren die Türgriffe an allen vier Türen elegant aus und machen den Weg frei. Und dann diese akustische Begrüßung … ziemlich präsent, fast schon übermotiviert – aber irgendwann hatte sie ihren eigenen Charme. So sehr, dass ich sie nach der Rückgabe des Testwagens fast ein bisschen vermisst habe.

Innen empfängt einen ein Ambiente, das sofort entschleunigt. Entweder in dezentem Schwarz oder – in der Pro- und GT-Variante – in diesem warmen, edlen Braunton, in den ich mich sofort verliebt habe. Gerade in dieser Ausführung wirkt das Cockpit wie ein sanft leuchtender Kokon. Die Materialien fühlen sich hochwertig an, sehen nach feinem Leder mit Ziernähten aus, sind aber komplett vegan – und ehrlich, das merkt man nicht eine Sekunde.

Mit seinen 4,87 Metern Länge und einem Radstand von 2,87 Metern bietet der Fünftürer viel Raum für fünf Personen. Der ORA 07 ist luftig, großzügig, ohne überheblich zu wirken. Ab dem Trim Level Pro erkennt der ORA 07 den Fahrer beim Einsteigen, ruft über Memory-Funktionen den favorisierten Sitz und die Spiegelposition ab und macht sich startklar. Komfort? Ja, bitte. Pure und Pro liefern beheizte Vordersitze, die GT-Version packt noch beheizte äußere Rücksitze drauf. Und ab Pro kommen zusätzlich Sitzbelüftung und Massagefunktion.

Der Blick fällt sofort auf die scheinbar schwebende Mittelkonsole mit ihren gebürsteten Alu-Akzenten. Ein echter Hingucker, reduziert und trotzdem hochwertig. Die wichtigsten Funktionen lassen sich über Tasten und Drehregler steuern, der Rest läuft über den superschnellen 12,3-Zoll-Touchscreen.

Auch wenn die Sprachsteuerung im ORA 07 im Fokus steht, bleibt man im Alltag froh über diese klassischen Dreh- und Drückschalter. Denn ja, sie waren Gold wert, als der Sprachassistent während meiner Fahrt zwischendurch beschlossen hat, kurz zu streiken. Über den Touchscreen sind Infotainment, Navigation, Fahrzeugfunktionen – eigentlich alles – intuitiv erreichbar. Und wer möchte, steuert vieles direkt über den Sprachassistenten. Vorausgesetzt dieser spielt mit.

Das 3-Speichen-Multifunktionslenkrad liegt angenehm in der Hand, heizt auf Wunsch mit, genau wie die Vordersitze. Das Smartphone verschwindet derweil auf der Mittelkonsole zum kabellosen Laden. Klanglich öffnet sich ab dem Pro ein neues Kapitel. Das Infinity®-SOUNDSYSTEM mit elf Lautsprechern, Subwoofer und Surround-Funktion liefert echte Konzertsaal-Atmosphäre, perfekt ergänzt durch die mehrfarbige Ambientebeleuchtung, die wenn gewünscht rhythmisch mit der Musik mitgeht.

Für frische Luft sorgt neben der 2-Zonen-Klimaautomatik das Air Quality Automatic Control System (AQS). Das System filtert Schadstoffe, neutralisiert Gerüche und hält das Innenraumklima angenehm. Und das, ohne dass man selbst etwas tun muss.

Hinten sitzen Groß und Klein überraschend bequem. Durch den fehlenden Mitteltunnel entsteht mehr Bewegungsfreiheit, die Sitze sind weich, es gibt eigene Lüftungsdüsen und eine herunterklappbare Armlehne mit Becherhaltern.

Beim Kofferraum muss man allerdings ehrlich sein: Die 333 Liter sind nicht üppig, und die hohe Ladekante sowie die schmale Öffnung machen es nicht unbedingt einfacher. Klappt man die Rücksitze um, stehen 1.045 Liter zur Verfügung. In Ordnung, aber nicht überragend. Unter dem Ladeboden gibt es ein bisschen Extra-Stauraum, doch die eigentliche Überraschung ist die geringe Zuladung: Nur 425 Kilo. Das ist für ein Auto dieser Größe wirklich wenig.

Komfort/Fahrwerk

Schon nach den ersten Metern wird klar, der ORA 07 fühlt sich richtig hochwertig an. Dieses Qualitätsniveau sieht man nicht nur, man spürt es. Nichts wackelt, nichts scheppert, nichts knirscht. Selbst wenn man das Tempo mal mutig anzieht, bleiben die Windgeräusche erstaunlich zurückhaltend. Der Wagen gleitet, als hätte er Premium im Blut. Fahrleistung und Komfort? Tadellos. Die satte Straßenlage, die präzise Lenkung, das druckvolle Anfahren mit seinen 680 Nm Drehmoment – alles fügt sich zu einem Gesamtpaket, das lange Strecken fast meditativ wirken lässt.

Auch in Sachen Performance zeigt sich der ORA 07 von seiner sportlicheren Seite. Ab der Pro-Variante bekommt das Modell einen elektrisch ausfahrenden Heckspoiler, der sich nicht nur nett anschauen lässt, sondern auch arbeitet. Im ausgefahrenen Zustand liefert er 20 Kilogramm zusätzlichen Abtrieb an der Hinterachse und damit mehr Stabilität in schnellen Kurven.

Im Test blieb der ORA 07 jederzeit wunderbar berechenbar. Die Entwickler haben der Software erfreulich viel Freiraum gelassen. Der Fahrspaß darf leben, statt permanent eingebremst zu werden. Die Lenkung ist direkt, ehrlich und gibt einem das Gefühl, wirklich Herr oder Frau der Lage zu sein.

Zusätzliche Optionen wie der Motorsound-Simulator der Pro- und GT-Version sollen den Fahrspaß steigern. Für mich persönlich ist das eher eine Spielerei– akustische Kunstwelten brauche ich nicht unbedingt. Aber die Auswahl an Fahrmodi? Die liebe ich. Vor allem das „Super Sport“-Programm des GT. Das drückt einem schon ein kleines Grinsen ins Gesicht, bevor man überhaupt richtig draufsteigt.

Motor/Getriebe

Der ORA 07 kommt mit zwei unterschiedlichen Antriebsvarianten daher. In den frontgetriebenen Versionen Pure und Pro arbeitet eine 67-kWh-Batterie (brutto), die unter optimalen Bedingungen bis zu 440 Kilometer Reichweite freigibt. Der permanent erregte Synchronmotor leistet 150 kW (204 PS) und 340 Nm.

Richtig aufdrehen kann man allerdings mit der Allradvariante. Hier arbeiten gleich zwei Synchronmotoren – einer an der Vorder-, einer an der Hinterachse – jeweils mit 150 kW (204 PS) und 340 Nm. Zusammen ergeben sie in der GT-Version satte 408 PS und 680 Nm. Und das merkt man: Der Sprint von 0 auf 100 km/h gelingt in nur 4,5 Sekunden. Ein Druck auf den roten Knopf am Lenkrad, und der ORA 07 zieht los, als hätte er all seinen guten Benehmensunterricht kurz vergessen. Diese Wucht, mit der über zwei Tonnen in Bewegung gesetzt werden, macht jedes Mal aufs Neue Spaß. Bei 180 km/h ist dann Schluss, da setzt der Hersteller bewusst den Deckel drauf.

Einen Startknopf sucht man übrigens vergeblich. Der ORA 07 aktiviert sich automatisch, sobald man auf dem Sitz Platz nimmt. Fahren darf man aber erst, wenn das Gurtschloss eingerastet ist.

Das GT-Modell bringt zusätzlich einen größeren Akku mit 86 kWh mit und schafft damit laut Hersteller bis zu 520 Kilometer Reichweite. Offiziell gibt GWM für den ORA 07 GT einen Verbrauch von 17,5 kWh/100 km an. Im Alltag lag unser Test eher bei 19 bis 20,5 kWh – völlig im Rahmen für Größe und Gewicht des Fahrzeugs. Daraus ergeben sich realistische 400 Kilometer Reichweite. Wenn man allerdings gerne mal die volle Leistung genießt, schrumpft das schnell auf etwa 300 Kilometer.

Beim Laden zeigt sich der ORA 07 solide, aber nicht überragend. Das Onboard-Ladegerät bietet 11 kW AC-Leistung. An der Schnellladesäule geht’s in 43 Minuten von 10 auf 80 Prozent. Geladen wird klassisch über Typ 2 (AC) und CCS (DC). Da der ORA 07 jedoch noch auf ein 400-Volt-System setzt, fällt das maximale DC-Tempo mit 88 kW eher bescheiden aus. Immerhin: Die Ladekurve bleibt recht lange stabil, was im Alltag hilft. Trotzdem, im Vergleich zur Konkurrenz ist hier noch Luft nach oben.

Sicherheit

Beim Thema Sicherheit hat der ORA 07 richtig viel im Gepäck, manchmal fast ein bisschen zu viel. Für meinen Geschmack dürfte es an ein paar Stellen weniger Bevormundung sein. Die Anschnallpflicht um das Fahrzeug überhaupt bewegen zu können lasse ich durchgehen. Aber die vielen akustischen Warnungen entwickeln schnell ein Potenzial, das einem die entspannte Stimmung im Nu zerreißt.

Sobald man eine Funktion aktivieren möchte und zwangsläufig auf den Bildschirm schaut, meldet sich der virtuelle Begleiter. Kommt man der Forderung nicht sofort nach, folgt Sekunden später ein beherztes „Gefahr!“. Charmanter Motivationscoach geht anders.

Als besonders hypersensibel erwies sich der Spur-Assistent. Sein energisches Eingreifen mag sicher gut gemeint sein, aber er unterbricht die Gleitfahrt teilweise so heftig, dass man sich eher ertappt fühlt als unterstützt. Fehlen dann noch klare Fahrbahnmarkierungen, wird’s richtig unruhig. Das System versucht krampfhaft zu korrigieren, obwohl es gar keine optischen Anhaltspunkte gibt. Mein Tipp: Vor dem Losfahren direkt deaktivieren. Laut Hersteller sollen kommende Software-Updates die Nerv-Faktoren glätten und Eingriffe – akustisch wie physisch – spürbar entschärfen.

Abseits davon ist das Assistenzpaket des ORA 07 beeindruckend umfangreich. Beim autonomen Fahren unterstützt der Wagen Level L2+ und kombiniert adaptive Abstands- und Geschwindigkeitsregelung (ACC) mit aktiver Spurführung. Der Kurvenassistent erkennt kommende Kurven frühzeitig und reduziert bei Bedarf die Geschwindigkeit. Auf der Autobahn übernimmt der HWA-Assistent sogar Spurwechsel und Überholmanöver selbstständig.

Der Totwinkelwarner signalisiert Fahrzeuge im toten Winkel, und der Spurwechselassistent warnt zusätzlich vor schnell anschließenden Fahrzeugen. Der Notlenkassistent überwacht die Umgebung dauerhaft und greift korrigierend ein, wenn man unbeabsichtigt die Spur verlässt oder ein riskantes Überholmanöver beginnt.

Im Stop-and-Go-Verkehr zeigt sich der Stauassistent als echter Entlastungsfaktor. Er hält Abstand, bremst, beschleunigt und lenkt innerhalb der Spur – und das völlig eigenständig. Droht das Fahrzeug dennoch abzudriften, springen Spurverlassenswarner und Spurhalter ein.

Rund ums Thema Kollisionsschutz fährt der ORA 07 ebenfalls groß auf: Front- und Heckkollisionswarner, ein autonomer Notbremsassistent mit Fußgänger- und Fahrradfahrererkennung, dazu ein Abbiegeassistent, der Gefahren aus dem Gegenverkehr erkennt und frühzeitig eingreift. Der Querverkehrsassistent – vorne wie hinten – warnt und bremst bei kreuzenden Fahrzeugen, und selbst große Fahrzeuge wie Lkw oder Busse hat der Ausweichassistent im Blick.

Die Gesichtserkennung erkennt Müdigkeit oder Ablenkung, und der Aufmerksamkeitsassistent mahnt entsprechend. Hinzu kommen Verkehrszeichenerkennung inklusive automatischer Geschwindigkeitsanpassung und ein Fernlichtassistent für die Nacht.

Am Ziel wird’s dann komfortabel: Parksensoren vorne, Einparkhilfe hinten und eine 360°-Kamera inklusive „transparent chassis“-Ansicht machen selbst fiese Bordsteine sichtbar. Auf Wunsch parkt der ORA 07 komplett selbst ein oder fährt bis zu 50 Meter eigenständig rückwärts, falls man sich mal in eine knifflige Situation manövriert hat. Und bevor man aussteigt, meldet der Ausstiegsassistent zuverlässig, wenn sich Radfahrer oder Fahrzeuge nähern.

Ausstattung/Kosten

Der GWM ORA 07 ist in drei Ausstattungslinien erhältlich – Pure, Pro und GT. Bereits das Einstiegsmodell Pure startet zu Preisen ab 41.990 Euro und bringt eine erstaunlich umfassende Serienausstattung mit. Die Variante Pro mit 67 kWh-Batterie und Frontantrieb folgt bei 44.000 Euro und legt in puncto Komfort und Technik nach. Wer sich für die im Test erlebte Topversion GT entscheidet, erhält zusätzlich Allradantrieb und eine Systemleistung von 300 kW (408 PS) – zu einem Preis von 53.500 Euro. Beim Preis-Leistungsverhältnis fährt der Ora 07 vielen Wettbewerbern davon.

Schon die Basisversion lässt kaum Wünsche offen, doch die Pro-Variante setzt die Glanzpunkte: ein elektrisch ausfahrbarer Heckspoiler, ein Motorsound-Simulator, Head-up-Display und das hochwertige Infinity-Soundsystem verwandeln die Limousine in einen echten Wohlfühlraum. Fahrer- und Beifahrersitze bieten zusätzlich Ventilations- und Massagefunktionen, während die integrierte Wärmepumpe und die sensorgesteuerte elektrische Heckklappe den Alltag spürbar komfortabler machen.

Die GT-Version zeigt schließlich, dass Eleganz und Sportlichkeit keine Gegensätze sein müssen. 19-Zoll-Leichtmetallfelgen, rot lackierte Bremssättel und der exklusive Fahrmodus „Super Sport“ sorgen für ein dynamisches Gesamtbild – optisch wie fahrerisch. Auch die äußeren Rücksitze sind hier beheizbar, was das Komfortniveau für alle Passagiere abrundet.

Stand: November 2025; Test und Fotos: Lexi Lind; Innenraumfotos: ORA

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